Australien (2)
 

Am zweiten Feiertag brechen wir wieder auf. Wir fahren weiter bis Brisbane, um von dort per Inlandsflug nach Cairns in den tropischen Norden Queenslands weiterzureisen. Bereits vom Flugzeug aus läßt sich das Great Barrier Reef, das mit seinen tausend Kilometern Länge größte Korallenriff der Weltmeere, erkennen. Am Ziel angekommen, checken wir im Hostel Captain Cook ein, dessen Namensgebung auf den einstigen Entdecker der Ostküste Australiens zurückzuführen ist.

Das am Meer gelegene Cairns ist einerseits optimaler Ausgangspunkt für Tauch- und Schnorcheltouren zum Korallenriff und andererseits ideal, um den nahegelegenen tropischen Regenwald und die Outbacks, das australische Inland, zu erkunden.


Somit ist das Stadtbild geprägt vom Tourismus und einem recht lebendigen Nachtleben, von dem wir uns sowohl bei einer wilden Schaumparty, die keiner mit trockenen Klamotten verläßt, als auch in der wohl bekanntesten Backpackerkneipe Australiens, dem Woolsheed, überzeugen können.

 

 

Bizarr, beschaulich. Natur pur!

Aber auch in unserem Hostel ist immer etwas los, sei es tagsüber an einem der beiden hauseigenen Swimming-pools oder abends in der Bar. Dort erstaunt uns besonders die seltsame Regelung, daß man ein Essen, das normalerweise zehn australische Dollar kosten würde, gratis bekommt, wenn man eine Jug (eine Ein-Liter-Karaffe) Bier für nur sieben Dollar bestellt. Kein Wunder, daß jeder am Saufen ist und wohl auch nur so ist es zu verstehen, daß bei einer Vorstellung des Filmes Braveheart, der den schottischen Befreiungskrieg thematisiert, die Emotionen einiger Gäste etwas außer Kontrolle geraten. Zuerst stellen sich ein paar schottische Rucksackreisende auf einen Tisch, um den Zuschauern ihren „Allerwertesten“ zu zeigen. Kurze Zeit später kommt es dann sogar zu einer Prügelei zwischen ein paar Schotten und einigen Engländern, die sich anscheinend über die Intention des Filmes nicht einigen konnten.

 

Ein neunzehn Jahre alter Corolla, der uns auf tausend Kilometer begleitet - wir taufen ihn Corrally

Um auch einen ersten Eindruck vom Umland zu bekommen, mieten wir uns am Sylvestermorgen für einen Tag ein Auto und fahren über das idyllische Dorf Kuranda nach Atherton, wo wir eine beschauliche Seenlandschaft vorfinden, die das Herz eines Hochplateaus, den Atherton Tablelands, bildet. Abends sind wir wieder zurück in Cairns und verabschieden uns in einem abgefahrenen House-Club inmitten grell gekleideter und gut gelaunter Partypeople, mit denen wir fast die ganze Nacht hindurch am Tanzen sind, von einem erlebnisreichen Jahr 1996.


Zu diesem Zeitpunkt haben wir nun gut die Hälfte unseres Trips hinter uns und das Dasein als Weltenbummler ist uns inzwischen in Leib und Seele übergegangen.

 

Wir können uns kaum vorstellen, daß das Erlebte noch steigerbar ist, werden aber immer wieder eines Besseren belehrt. Die ständig wechselnden Eindrücke in uns aufsaugend leben wir getreu dem Motto von Freiheit und Abenteuer und erwarten mit Spannung, was alles noch passieren wird, bis wir wieder bekannten Boden unter unseren Füßen spüren werden.

So ist auch die Tagestour mit dem Katamaran Passions of Paradise zum Great Barrier Reef ein weiterer Höhepunkt unseres Aufenthalts im tropischen Norden der Ostküste. Nach dreistündigem skippern durch die Morgensonne erreichen wir das Riff, das wir mit Schnorchel, Flossen und Maske erforschen wollen.

Doch erst einmal gilt es sich mit dem Equipment und der Technik des Schnorchelns vertraut zu machen. Nachdem wir uns ins kühle Naß begeben haben, erläutert uns der Kapitän unseres Schiffs zunächst die verschiedenen Lebensformen dieses riesigen Biosystems. So können wir schon nach wenigen Minuten im Wasser eine Seeanemone und eine auch Riesenmuschel bestaunen. Im Anschluß an die kleine Lehrstunde gehen wir auf eigene Faust auf Entdeckungstour. Umgeben von Fischen, die einen halb so groß wie wir selbst und andere wiederum klein, aber in den grellsten und buntesten Farben leuchtend, erforschen wir die Fauna und Flora unter Wasser. Wir sind von den bizarren Formen der Korallen und deren Farbenvielfalt so fasziniert, daß wir plötzlich verblüfft feststellen müssen, schon seit zwei Stunden am Schnorcheln zu sein und nur schwermütig folgen wir der Aufforderung der Crew, wieder an Bord zu kommen, um die Rückfahrt anzutreten.

 

That's Fun

 

Während wir in Front des Schiffes unmittelbar über der Wasseroberfläche in einem Netz liegend ab und an von einer Welle der inzwischen etwas stürmischer gewordenen See überspült werden, neigt sich ein sehr schöner Tag dem Ende zu.

In unserem Tatendrang ungebremst, starten wir bereits am nächsten Morgen gemeinsam mit vier weiteren Abenteurern zu einer dreitägigen Safari. Geleitet wird diese von Raffy, einem eingewanderten Israeli und seiner ebenfalls in Australien lebenden holländischen Freundin Jo. Den Rest der Gruppe bilden mit Duran aus Perth, den Schwestern Lisa und Anna aus Melbourne und der Grundschullehrerin Cathy vier Australier, die in ihrem eigenen Land am Reisen sind.

Vorbei an Zuckerrohrfeldern fahren wir mit einem ps-starken Geländewagen ins Landesinnere und stehen schon bald am Rande des Regenwaldes. Auf einem schmalen Pfad dringen wir zu Fuß in das üppige Grün dieser unberührten Natur ein. Daß diese neben ihrer Schönheit auch Gefahren birgt, wird uns bewußt, als Raffy uns vor einer heimtückischen Pflanze warnt, die zwar harmlos aussieht, deren unscheinbare Stacheln aber ein Gift enthalten, das einmal in die Haut gelangt, noch Jahre später Schmerzen verursacht. Dann verlassen wir zum Leidwesen nicht unwesentlich weniger Mitglieder unserer Gruppe den Pfad und klettern entlang der Seitenhänge eines schmalen Tales hinauf zu einem versteckten Wasserfall mitten im Dickicht. Am Fuße dessen hat sich im Laufe der Jahre ein kleiner See gebildet, der unsere total verschwitzten Körper nahezu zwingend dazu einlädt, ein erfrischendes Bad zu nehmen. Vorsichtig begeben wir uns ins Naß und erklimmen kurze Zeit später einen Felsen unweit oberhalb des Sees, wo wir uns in den stetigen Wasserlauf, der von oben auf uns herunterplätschert, legen und uns von den Mühen des Anstiegs erholen.

Im Dschungel gibt es keine Wege

Der Regenwald übt eine unglaubliche Faszination auf uns aus. Nicht nur die Vielseitigkeit und Kreativität der Natur erstaunt uns immer wieder aufs Neue. Auch Zeit bekommt eine völlig andere Dimension, inmitten dieser schon seit Millionen von Jahren sich nahezu unverändert präsentierenden Vegetation, die unserer zivilisierten Welt so vollkommen fern ist.

Im weiteren Tagesverlauf zeigt uns unser Führer eine Besonderheit des Wet Forests und so staunen wir nicht schlecht beim Anblick eines Fig Trees, einem riesigen Baum, der sich vor langer Zeit einmal auf den Ast eines anderen Baumes gepflanzt hat und dann mit seinem Wurzelwerk solange nach unten gewachsen ist, bis er auf diesem eigenständig stehen konnte.
Wieder im Auto steuern wir unser Nachtquartier, das Wallaby-Backpackers, das nach einer kleinen Känguruhart benannt ist, an und lassen die heutigen Erlebnisse bei einer Tasse Kaffee noch einmal im Geiste an uns vorüberziehen. In der ruhigen Atmosphäre der Abendsonne beschließen wir diesen schönen Tag, als wir in der Wildnis eines abgelegenen Sees mit ein paar Kanus über das Wasser gleiten. Die harmonische Stille wird nur gelegentlich von dem Geplätscher beim Eintauchen der Paddel unterbrochen, und ab und zu ist der Gesang einiger Vögel zu hören.

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